Bonn, Germany
18. November 2015
Das Oberlandesgericht (OLG) Karlsruhe hat mit seinem Urteil vom 14.10.2015 (Az. 6 U 165/14) nochmals klargestellt, dass auch sogenanntes Nachbausaatgut der Aufzeichnungspflicht gemäß Saatgutaufzeichnungsverordnung (SaatAufzV) unterliegt. Saatgutaufbereiter sind wie bisher auch im Rahmen der Nachbauaufbereitung verpflichtet, sich aktiv Kenntnis von der Sorte zu verschaffen und entsprechende Aufzeichnungen u. a. über Sorte, Menge und Lieferant des aufzubereitenden Materials zu führen.
Nach Ansicht des Gerichts ist dies bereits aus Gründen des Verbraucherschutzes erforderlich, um eine lückenlose Rückverfolgbarkeit der Produktionskette zu gewährleisten. Damit werden die zu dieser Frage bereits ergangenen Entscheidungen des OLG Hamm sowie der Landgerichte Mannheim und Dresden erneut bestätigt.
Im Kern ging es im Verfahren vor dem OLG Karlsruhe um die Frage, ob ein Verstoß gegen die Saatgutaufzeichnungsverordnung zugleich auch einen Verstoß gegen das Gesetz gegen den unlauteren Wettbewerb (UWG) darstellt und ein solches rechtswidriges Verhalten des Wettbewerbers eine Abmahnung rechtfertigt. Das OLG Karlsruhe hat entschieden, dass das Nichtführen der erforderlichen Aufzeichnungen einen Verstoß gegen § 1 Abs. 1 Nr. 6 SaatAufzV – und damit eine Ordnungswidrigkeit – darstellt. Verneint hat das OLG Karlsruhe lediglich, dass dieser Verstoß gegen die SaatAufzV gleichzeitig eine Wettbewerbsverletzung darstellt, die eine Abmahnung rechtfertigt.
Die Saatgut-Treuhandverwaltungs GmbH (STV) sowie viele Aufbereiter und Saatguthändler, die im Wettbewerbsverhältnis zu den rechtsuntreuen Aufbereitungsbetrieben stehen, begrüßen die klaren Aussagen des Gerichts zur bestehenden Aufzeichnungsverpflichtung, kritisieren aber scharf die in dem Urteil ebenfalls zum Ausdruck kommende Verneinung einer Wettbewerbsverletzung. Nach ihrer Einschätzung sowie der Auffassung der Landgerichte Mannheim und Dresden handelt es sich bei der Saatgutaufzeichnungsverordnung um eine sogenannte Marktverhaltensregel, durch deren Nichtbeachtung sich der Aufbereiter einen unlauteren Wettbewerbsvorteil verschafft. Dieser Frage wird sich nun der Bundesgerichtshof annehmen müssen.
Zum Hintergrund:
Die STV hat als Wettbewerbsverband im Interesse zahlreicher Aufbereiter und Saatguthändler einen gewerblichen Aufbereiter zur Unterlassung aufgefordert („abgemahnt“), der nachhaltig gegen seine Aufzeichnungsverpflichtung verstoßen hat. Er weigerte sich, das beanstandete Verhalten künftig zu unterlassen, woraus sich der Rechtsstreit ergeben hatte.
Grundsätzlich obliegt die Kontrolle der Einhaltung des Saatgutverkehrsgesetzes und der Saatgutaufzeichnungsverordnung den entsprechenden Landesbehörden. Lückenhafte Kontrollen führen dazu, dass einige Aufbereiter die gesetzlich geforderten Aufzeichnungen im Rahmen der Nachbauaufbereitung nicht führen. Das Verhalten der Aufbereiter, die damit gegen die Aufzeichnungsverordnung verstoßen, benachteiligt diejenigen Wettbewerber, die sich an die Gesetze halten und die erforderlichen Informationen (Sorte, Menge usw.) beim Landwirt abfragen und aufzeichnen.
Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e.V. (BDP):
Der Bundesverband Deutscher Pflanzenzüchter e.V. (BDP) mit Sitz in Bonn und Berlin ist die berufsständische Vertretung der rund 130 deutschen Pflanzenzuchtunternehmen und Saatenhändler aus den Bereichen Landwirtschaft, Gemüse und Zierpflanzen. Mit einer F&E-Quote (Forschung & Entwicklung) von 15,1 Prozent gehört die Pflanzenzüchtung zu den innovativsten Branchen in Deutschland. Rund 5.800 Beschäftigte finden in ihr einen Arbeitsplatz und legen mit ihrer Tätigkeit die Basis für eine erfolgreiche Landwirtschaft und die darauf folgenden Stufen der Wertschöpfungskette.