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Gentechnisch veränderter Raps in Australien: „Koexistenz ist eine Sache des Marktes“ - in Gespräch mit Christopher Preston von der Universität Adelaide über Erfahrungen mit Koexistenz in Australien


December 30, 2009

Seit 2008 wird in zwei australischen Bundesstaaten gentechnisch veränderter Raps kommerziell angebaut. Wie das Nebeneinander von gentechnisch verändertem und konventionellem Rapsanbau organisiert wird, darüber sprach bioSicherheit mit Dr. Christopher Preston, Accociate Professor für Unkrautmanagement an der Universität von Adelaide.

Die Rapsanbaufläche stieg von 9.500 Hektar 2008 auf 41.000 Hektar in der Saison 2009/2010. Das entspricht etwa zehn bis 15 Prozent der Rapsfläche in den beiden Bundesstaaten. Damit der Anbau von konventionellem Raps weiterhin möglich bleibt, hat die Saatgut-Industrie mit der Regierung freiwillige Maßnahmen vereinbart. Dazu gehören u.a. Lehrgänge für die Anbauer von gv-Raps zur Vermeidung einer unkontrollierten Verbreitung von gv-Raps und Mindestabstände zwischen Feldern mit gentechnisch veränderten Raps und konventionellem Raps.

bioSicherheit: Herr Preston, warum wird gv-Raps in Australien angebaut?

Christopher Preston: In zwei Bundesstaaten, New South Wales und Victoria, wird seit 2008 gentechnisch veränderter Raps angebaut, der eine Herbizidtoleranz aufweist. Herbizidtolerante Rapssorten sind prinzipiell nichts Neues in Australien. Da wir in Australien im Rapsanbau große Probleme mit Unkräutern haben, hat sich der Rapsanbau in Australien erst nach der Einführung von herbizidtoleranten Rapssorten deutlich ausweiten können. Dadurch wird die Kontrolle von Unkräutern sehr viel effektiver. Heute ist Raps zur drittbedeutendsten Kultur nach Weizen und Gerste in Australien aufgestiegen. Seit 1993 werden Triazin-tolerante Rapssorten angebaut, seit 2000 Imidazolinon-tolerante Rapskulturen. Beides sind konventionelle Sorten. Nun haben wir noch gentechnisch veränderte Rapssorten hinzubekommen, die gegenüber dem Herbizid Roundup‑Ready tolerant sind. Ein weiterer gv-Raps, tolerant gegenüber dem Herbizid Glufosinat , wurde auch zugelassen, ist aber noch nicht im Anbau. Mit den neuen gv-Sorten können wir zusätzliche Herbizidwirkstoffe im Rapsanbau nutzen. Durch Rotation, also durch den abwechselnden Anbau der verschiedenen herbizidtoleranten Rapskulturen und der entsprechenden Herbizide kann der Entstehung von herbizidtoleranten Unkräutern vorgebeugt werden.

bioSicherheit: Welche Erfahrungen liegen mit der Koexistenz von gv- und konventionellem Raps bereits vor?

Christopher Preston: Die Einführung von gv-Raps und entsprechende Koexistenzmaßnahmen waren eine Herausforderung in Australien. Wir hatten im letzten Jahr zunächst einen beschränkten Anbau von Roundup Ready-Raps in New South Wales und Victoria. Der Anbau und die Verarbeitung der Ernte von gv-Raps wurden als so genanntes Identitätswahrungssystem gestaltet. Die Landwirte, die Roundup-Ready-Raps anbauten, lieferten ihre Ernten nur zu Abnehmern, die ausschließlich diesen Raps verarbeiteten. Die konventionellen Landwirte lieferten ihre Ernten an die anderen Verarbeiter. Dieses Jahr hatten wir dann bereits ein etwas gemischteres System. Raps, gentechnisch verändert oder konventionell, wurde bei vielen Verarbeitern zusammen angeliefert und andere Abnehmer nahmen nur konventionellen Raps an. Die Landwirte können wählen, an wen sie ihre Ernte verkaufen.

bioSicherheit: Wie wird in Australien sichergestellt, dass Landwirte auch weiterhin konventionell Raps anbauen können? Pollen von Feldern mit gentechnisch verändertem Raps können doch unkontrolliert auf benachbarte Felder mit konventionellem Raps gelangen.

Christopher Preston: Wir haben eine Reihe von Vorgaben. Diese sind nicht gesetzlich verankert. Es ist primär dem Markt überlassen, wie Koexistenz gestaltet wird. Die Saatgutproduzenten haben Anbauleitlinien für die Landwirte entwickelt. Die Landwirte müssen sich beim Kauf des Saatgutes verpflichten, entsprechende Maßnahmen beim Anbau einzuhalten. Dazu gehören Lehrgänge für die Landwirte und die Einhaltung von Mindestabständen von fünf Metern zwischen Feldern mit gv-Raps und konventionellen Rapsfeldern. Bei der Saatgutproduktion muss ein Mindestabstand von 400 Metern zu gv-Rapsfeldern eingehalten werden. Die Nachbarlandwirte müssen über den Anbau informiert werden, die Maschinen nach dem Einsatz auf Feldern mit gv-Raps ordnungsgemäß gereinigt und der Durchwuchsraps bekämpfen werden. Durchwuchsraps nennt man den Raps, der nach der Ernte aus verbliebenen Rapssamen in der nächsten Anbausaison wieder auf dem Feld aufkeimt.

bioSicherheit: Gibt es überhaupt staatliche Regeln bezüglich Koexistenz in Australien?

Christopher Preston: Die einzige Regel, die wir in Bezug auf mögliche Vermischungen haben, ist ein Grenzwert von 0,9 Prozent. Mehr darf konventioneller Raps nicht an gentechnisch veränderten Bestandteilen enthalten. Damit stellen wir sicher, dass konventioneller Raps den Regeln von potenziellen Importmärkten wie der EU entspricht. Dafür müssen die Landwirte sorgen. Wir denken, dass das etablierte Anbaumanagement ausreicht, um den Grenzwert einzuhalten. Neben den vorher genannten Koexistenzmaßnahmen wird dies auch durch einen verbindlichen Schwellenwert für gentechnisch veränderte Anteile in konventionellem Saatgut vereinfacht. Dieser beträgt 0,5 Prozent. Falls doch einmal zu hohe gentechnisch veränderte Anteile in konventionellen Rapsernten auftreten sollten, dann können die Landwirte ihre Ernte in den allermeisten Fällen als gv-Raps verkaufen. Dadurch entsteht den Landwirten in der Regel kein wirtschaftlicher Schaden. In Australien werden nur ausnahmsweise höhere Preise für konventionellen Raps bezahlt. Der Preisvorteil von konventionellem Raps liegt im Moment zwischen Null und höchstens 15 Dollar die Tonne. Hinzu kommt, dass es auch biologisch erzeugten Raps in Australien so gut wie nicht gibt. Ein paar Landwirte bauen zwar Bioraps von Zeit zu Zeit auf kleinen Flächen an, einen echten Markt für Bioraps gibt es aber in Australien nicht. Wenn sich diese Dinge in Zukunft ändern sollten, müsste natürlich unser Umgang mit Koexistenz überdacht werden.

bioSicherheit: Gibt es ein spezielles Haftungsrecht in Australien, wenn konventioneller Raps mit gv-Raps vermischt wird und dadurch doch einmal wirtschaftliche Schäden entstehen sollten?

Christopher Preston: Wie gesagt, Koexistenz ist bei uns ein Thema, mit dem sich der Markt auseinander setzen muss. Wir haben bei uns eine Tradition von möglichst geringer gesetzlicher Marktregulation. Unsere gesetzlichen Vorschriften sollen den Umweltschutz stärken und die gesundheitliche Unbedenklichkeit von Lebensmittelprodukten garantieren. In Australien wird gv-Raps weder als gesundheits- noch als umweltschädlich betrachtet. Daher gibt es in Australien auch keine speziellen Haftungsregeln für den Fall, dass gv-Raps in konventionellem Raps auftritt. Koexistenz ist bei uns ein Markinstrument. Der Markt entscheidet, was er braucht und in welche Richtung die Dinge sich entwickeln. Das ist ein großer Unterschied zur EU, wo Koexistenz staatlich kontrolliert wird und Regierungen entscheiden, wie sich der Markt entwickeln soll.

bioSicherheit: Sie sagten, dass die jetzt etablierten Koexistenzmaßnahmen in der Landwirtschaft ausreichen, um den GVO -Grenzwert für die konventionelle Raps-Produktion in den allermeisten Fällen einzuhalten. Wurden in Australien auch wissenschaftliche Untersuchungen durchgeführt, die dies zeigen können?

Christopher Preston: Ja, hier liegen uns entsprechende Ergebnisse vor. In Australien sind die Raps-Felder durchschnittlich sehr viel größer als z.B. in Europa. Bei uns gibt es Felder von hundert Hektar und mehr. Das hat Auswirkungen auf die Höhe ungewollter Beimischungen von gv-Raps in herkömmlichen Feldern. Je größer die Felder, desto mehr wird der GVO-Polleneintrag "verdünnt". Durch Pollenflug liegt nach vorliegenden Ergebnissen der durchschnittliche GVO-Anteil in einem herkömmlichen Rapsfeld nicht höher als bei 0,13 Prozent, selbst wenn 80 Prozent der umliegenden Felder mit gv-Raps bestellt wurden. Auch der GVO-Eintrag durch Pollen sammelnde Honigbienen wurde untersucht. Bei kleinen Feldern von fünf Hektar Größe kann der GVO-Eintrag bei 0,5 Prozent liegen. Weitere Untersuchungen haben auch die mögliche Rolle von gv-Durchwuchsraps und Landmaschinen bei der ungewollten Verbreitung von gv-Raps bewertet. Auch hier gilt: Die vergleichsweise großen Felder in Australien führen dazu, dass in konventionellen Feldern das Risiko von zufälligen GVO-Einträgen über dem Grenzwert sehr gering ist.

bioSicherheit: Herr Preston, wir danken Ihnen für das Gespräch.



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Website: http://www.gmo-safety.eu

Published: December 30, 2009

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Dr. Christoph Preston ist Experte für Unkrautkontrolle an der School of Agriculture, Universität Adelaide. Er beteiligte sich intensiv an der öffentlichen Debatte um die Einführung von gentechnisch veränderten Rapssorten in Australien. Nach seiner Meinung wird der Markt entscheiden, ob Australien auch in Zukunft noch Produzent von konventionellem Raps sein wird. Eine Koexistenz sei aber prinzipiell machbar.

 


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