Karlsruhe, Germany
July 25, 2023
Holger Puchta erhält Reinhart Koselleck-Projekt zur gezielten Restrukturierung von Pflanzengenomen – CRISPR/Cas-Methode eröffnet Chancen für eine nachhaltigere Landwirtschaft
Holger Puchta setzte als erster Wissenschaftler molekulare Scheren zur Genomveränderung bei Pflanzen ein. (Foto: Sandra Göttisheim, KIT)
Der Molekularbiologe Professor Holger Puchta vom Karlsruher Institut für Technologie (KIT) erhält für eine Arbeit zur gezielten Restrukturierung von Pflanzengenomen eine Förderung in einem Reinhart Koselleck-Projekt der Deutschen Forschungsgemeinschaft (DFG). Als Pionier der Grünen Gentechnik setzt Puchta seit 30 Jahren molekulare Scheren bei Pflanzen ein. Das neue Projekt zielt darauf, mithilfe der CRISPR/Cas-Methode Gene in Kulturpflanzen frei zu kombinieren – und damit den Traum von Gregor Mendel zu verwirklichen. Wichtig ist dies auch, um landwirtschaftliche Nutzpflanzen künftig besser an die globale Erwärmung anpassen zu können.
Der Vater der Vererbungslehre, Gregor Mendel (1822-1884), glaubte, dass alle Eigenschaften von Pflanzen frei miteinander kombinierbar seien. Inzwischen ist bekannt, dass bestimmte Merkmale gemeinsam vererbt werden, weil die sie codierenden Gene auf demselben Chromosom liegen. Doch mit der modernen molekularen Schere CRISPR/Cas lassen sich genetische Informationen in Pflanzen gezielt verändern. Die Gruppe von Holger Puchta, Professor für Molekularbiologie am Joseph Gottlieb Kölreuter Institut für Pflanzenwissenschaften (JKIP) des KIT, zeigte kürzlich als Erste, dass sich so nicht nur einzelne Gene, sondern auch ganze Chromosomen verändern lassen. Für die Etablierung von Techniken zur gezielten Restrukturierung von Pflanzengenomen erhält Puchta nun eine Förderung in einem Reinhart Koselleck-Projekt der DFG. Das Projekt zielt darauf, Gene in Kulturpflanzen frei zu kombinieren und damit den Traum von Gregor Mendel zu verwirklichen.
„Die Arbeiten von Holger Puchta sind wegweisend und tragen zu einer nachhaltigen Landwirtschaft bei“, sagt der Vizepräsident Forschung des KIT, Professor Oliver Kraft. „Wir sind sehr stolz, dass er für seine herausragende Forschung, für die er bereits zwei Advanced Grants des Europäischen Forschungsrats ERC erhalten hat, nun als einer der ersten Pflanzenwissenschaftler überhaupt eines der selten vergebenen Reinhart Koselleck-Projekte eingeworben hat.“
Videoporträt Holger Puchta
Reinhart Koselleck-Projekt zielt auf gezielte Optimierung von Kulturpflanzen
Angesichts der globalen Erwärmung benötigen jetzige Kulturpflanzen mehr Land, mehr Wasser und mehr Dünger. „Die molekulare Schere kann Pflanzen so verändern, dass sie mit Hitze besser zurechtkommen. Zudem kann die CRISPR/Cas-Methode Pflanzen resistenter gegen Krankheiten und Schädlinge machen. Dies ermöglicht, den Einsatz von Pestiziden zu verringern“, erklärt Puchta. Die Bezeichnung CRISPR/Cas steht für einen bestimmten Abschnitt auf der DNA (CRISPR – Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats) sowie ein Enzym (Cas), das diesen Abschnitt erkennt und die DNA passgenau schneidet. Dadurch ließen sich bereits einzelne Merkmale von Kulturpflanzen verbessern. Das Reinhart Koselleck-Projekt von Holger Puchta schöpft das Potenzial der Methode weiter aus und zielt darauf, Pflanzengenome auf verschiedenen Ebenen gezielt zu restrukturieren: Indem sie die Anordnung der Gene auf Chromosomen verändert, ermöglicht die molekulare Schere, Eigenschaften von Pflanzen frei zu kombinieren. „So können Kulturpflanzen mehrere erwünschte Eigenschaften, wie beispielsweise Hitze- und Salzresistenz, gemeinsam vererben“, erklärt Puchta. Langfristig werde es damit für die Pflanzenzüchtung leichter werden, den gesamten Genpool einer Spezies zu nutzen und Kulturpflanzen gezielt zu optimieren.
Das Vorhaben ist auf fünf Jahre ausgelegt und wird mit insgesamt 1,22 Millionen Euro gefördert. Bei den Reinhart Koselleck-Projekten handelt es sich um die höchstdotierte Exzellenzförderung der DFG für Personen. Die Förderung ermöglicht Forschenden, die sich durch besondere wissenschaftliche Leistungen hervorgetan haben, hochinnovative oder im positiven Sinn risikobehaftete Projekte durchzuführen.
Video: Holger Puchta zur Koselleck-Förderung
Genschere kann den Prozess natürlicher Veränderungen im Genom beschleunigen
Puchta begrüßt, dass die EU-Kommission den Umgang mit Genome Editing-Methoden, wie CRISPR/Cas, in der Pflanzenzüchtung neu regeln will: Nach einem kürzlich vorgestellten Gesetzentwurf sollen mithilfe von Genome Editing entstandene neue Pflanzensorten unter bestimmten Bedingungen konventionell gezüchteten Pflanzen gleichgestellt werden. „Dies ist aus wissenschaftlicher Sicht sinnvoll, denn beim Genome Editing wird kein fremdes Erbgut eingebracht“, erklärt der Molekularbiologe. „Stattdessen werden gezielte und begrenzte Veränderungen vorgenommen. Genscheren wie CRISPR/Cas können den langsamen Prozess natürlicher Veränderungen im Genom beschleunigen, was gerade angesichts des Klimawandels enorme Chancen eröffnet.“
Weitere Informationen:
Themenhighlight „Mit der Genschere Ernten sichern?“
Pflanzen widerstandsfähiger gegen Krankheiten und Folgen des Klimawandels machen: Holger Puchta im Portal „Expertinnen und Experten des KIT“
Als „Die Forschungsuniversität in der Helmholtz-Gemeinschaft“ schafft und vermittelt das KIT Wissen für Gesellschaft und Umwelt. Ziel ist es, zu den globalen Herausforderungen maßgebliche Beiträge in den Feldern Energie, Mobilität und Information zu leisten. Dazu arbeiten rund 9 800 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auf einer breiten disziplinären Basis in Natur-, Ingenieur-, Wirtschafts- sowie Geistes- und Sozialwissenschaften zusammen. Seine 22 300 Studierenden bereitet das KIT durch ein forschungsorientiertes universitäres Studium auf verantwortungsvolle Aufgaben in Gesellschaft, Wirtschaft und Wissenschaft vor. Die Innovationstätigkeit am KIT schlägt die Brücke zwischen Erkenntnis und Anwendung zum gesellschaftlichen Nutzen, wirtschaftlichen Wohlstand und Erhalt unserer natürlichen Lebensgrundlagen. Das KIT ist eine der deutschen Exzellenzuniversitäten.
Green genetic engineering: making Mendel’s dream come true with molecular scissors
Holger Puchta Is Granted Reinhart Koselleck Project for Specific Restructuring of Plant Genomes – CRISPR/Cas Method Opens up Opportunities for More Sustainable Agriculture
Molecular biologist Professor Holger Puchta from Karlsruhe Institute of Technology (KIT) is granted funding within a Reinhart Koselleck Project by the German Research Foundation (DFG) for work on specific restructuring of plant genomes. Puchta, a pioneer of green genetic engineering, has used molecular scissors in plants for 30 years now. His new project is aimed at using the CRISPR/Cas method to freely combine genes in crops, thus making Gregor Mendel’s dream come true. This will also be important to better adapt agricultural crops to global warming in future.
The founder of genetics, Gregor Mendel (1822 – 1884), believed that all traits of plants can be combined freely with each other. Now, it is known that certain traits are inherited jointly, because the genes encoding them are located on the same chromosome. With the modern CRISPR/Cas molecular scissors, however, genetic information in plants can be modified specifically. The group of Holger Puchta, Professor for Molecular Biology at KIT’s Joseph Gottlieb Kölreuter Institut of Plant Sciences (JKIP), was the first to recently demonstrate that not only single genes, but entire chromosomes can be modified this way. To establish technologies for the specific restructuring of plant genomes, Puchta is now granted funding within a Reinhart Koselleck Project by DFG. The project aims to freely combine genes in crops and to make Gregor Mendel’s dream come true.
“Holger Puchta’s work is path-breaking and contributes to sustainable agriculture,” says KIT’s Vice President Research, Professor Oliver Kraft. “We are very proud of Puchta being one of the first plant scientists, who are granted the rare Reinhart Koselleck Project after he has received two Advanced Grants of the European Research Council ERC already.”
Reinhard Koselleck Project Aims to Specifically Optimize Crops
Under the present conditions of global warming, existing crops need more land, more water, and more fertilization. “The molecular scissors can modify plants such that they can better cope with the heat. Moreover, the CRISPR/Cas method can make plants more resistant to diseases and pests. This will reduce the need for pesticides,” Puchta explains. CRISPR/Cas stands for a certain segment on the DNA (CRISPR - Clustered Regularly Interspaced Short Palindromic Repeats) and an enzyme (Cas) that recognizes this segment and cuts the DNA precisely. With this method, certain single traits of crops have already been improved. The Reinhart Koselleck Project of Holger Puchta will further exhaust the potentials of the method and aims to specifically restructure plant genomes on various levels. By modifying the arrangement of genes on chromosomes, the molecular scissors can freely combine plant traits. “In this way, crops can inherit several desired properties in combination, such as heat and salt resistance,” Puchta explains. In the long term, it will become easier for plant growers to use the entire gene pool of a species and to specifically optimize crops.
The project is scheduled for a duration of five years and is funded with a total of EUR 1.22 million. Reinhart Koselleck Projects are DFG’s highest excellence funds granted to persons. Funding enables outstanding researchers with a proven scientific track record to pursue exceptionally innovative or high-risk projects
Gene Scissors Can Accelerate the Process of Natural Modifications in the Genome
Puchta welcomes that the EU Commission intends to establish new rules to govern the use of genome editing methods, such as CRISPR/Cas, in plant cultivation. According to a recently presented legislative proposal, it is planned to treat new plant species produced with the help of genome editing equal with conventionally grown plants under certain conditions. “From the scientific perspective, this is sensible, as no foreign genetic material is introduced by genome editing,” the molecular biologist says. “Instead, specific and limited modifications are made. Gene scissors, such as CRISPR/Cas, can accelerate the slow process of natural modifications in the genome, which opens up great opportunities especially under the current conditions of climate change.”
Further Informationen:
Topical highlight: “Securing harvests with gene scissors?”
Making plants more resistant to diseases and the effects of climate change: Holger Puchta in the “Experts of KIT” portal (in German)
Being “The Research University in the Helmholtz Association”, KIT creates and imparts knowledge for the society and the environment. It is the objective to make significant contributions to the global challenges in the fields of energy, mobility, and information. For this, about 9,800 employees cooperate in a broad range of disciplines in natural sciences, engineering sciences, economics, and the humanities and social sciences. KIT prepares its 22,300 students for responsible tasks in society, industry, and science by offering research-based study programs. Innovation efforts at KIT build a bridge between important scientific findings and their application for the benefit of society, economic prosperity, and the preservation of our natural basis of life. KIT is one of the German universities of excellence.