Germany
June 27, 2012
von Redaktion Pflanzenforschung.de
Die Agroindustrie forscht intensiv an neuen Pestiziden. Nanobasierte Formulierungen sind eine Möglichkeit, das Wirkstoffspektrum zu erweitern. Wie sich diese Stoffe auf die Umwelt und die menschliche Gesundheit auswirken, ist bislang schwer abschätzbar. Dies zeigt eine Metastudie, die den derzeitigen Kenntnisstand zu Nano-Pestiziden zusammenfasst.
Die Nanotechnologie hat in den letzten 10 Jahren eine Vielzahl neuartiger Materialien mit vielversprechenden Eigenschaften hervorgebracht. Mit Kohlenstoff-Nanoröhren und Metall-Nanopartikel könnte zukünftig verschmutztes Wasser und Böden gereinigt werden. In Nanokapseln verpackte Medikamente helfen, Wirkstoffe gezielter zu platzierten. Ähnliches gilt für verkapselte Vitamine und Mineralien in funktionalen Lebensmitteln. Und auch für die Landwirtschaft bietet die Nanotechnologie interessante Lösungen: So wird bereits an Nano-Sensoren für den Einsatz im Precision Farming geforscht. Weiterhin gibt es Versuche mit Nanopartikeln, die bei der Züchtung gentechnisch veränderter Pflanzen als Vektoren in die DNA eingebracht werden.
Die Agroindustrie forscht zudem intensiv an einer neuen Generation nanobasierter Pflanzenschutzmittel. So werden etwa Bestandteile herkömmlicher Produkte auf Nanogröße verkleinert, wodurch die Wirkstoffmengen reduziert werden können. Ein anderer Ansatz ist es, die Wirkstoffe in Nanokapseln zu verpacken, die sich nur unter bestimmten Bedingungen wie Hitze, Sonnenlicht oder einer alkalischen Umgebung, z.B. im Inneren eines Insektenmagens, öffnen. In naher Zukunft könnten solche Nano-Pestizide die landwirtschaftliche Praxis revolutionieren – mit neuen Chancen aber auch Risiken für Mensch und Umwelt, so die Forscher der Universität Wien in ihrer Studie. In einer Metastudie haben sie das aktuelle Wissen über Nano-Pestizide zusammengetragen.
Nano in der Landwirtschaft - in weites Feld
Die Wissenschaftler analysierten 60 wissenschaftliche Publikationen, 25 Reviews und 6.000 Patentanmeldungen zu Nano-Pestiziden. Sie wollten herausfinden, welche Nanomaterialien bereits für die Anwendung in Pestiziden erforscht werden? Welche Umweltauswirkungen von Nano-Pestiziden bekannt sind? Und inwieweit die geltenden europäischen Zulassungs- und Kontrollsysteme für Pestizide ausreichen, um die neuartigen Eigenschaften von Nano-Pestiziden ausreichend zu berücksichtigen. Ihr Ergebnis:
Es gibt bislang keine einheitliche Definition von Nano-Pestiziden. Nano-Pestizide sind Formulierungen von Pflanzenschutzmitteln, die Bestandteile in einer Größe kleiner als 1000 Nanometern enthalten. Über die exakte Definitionsgrenze gibt es unterschiedliche wissenschaftliche Meinungen: diese liegen zwischen 100 und 1000 Nanometern pro Nanopartikel bzw. Agglomerat. Der Begriff Nano-Pestizid deckt dabei eine Vielzahl verschiedener Produkte ab. Viele Formulierungen kombinieren verschiedene oberflächenaktive Substanzen, Polymere und metallische Partikel in Nanogröße.
Chancen, Risiken und viele Fragezeichen
Die im Vergleich zu herkömmlichen Pestiziden stark verkleinerte Partikelgröße und die damit verbundene Oberflächenvergrößerung bewirken eine grundlegende Änderung der physikalisch-chemischen Eigenschaften von Nano-Pestiziden. Im Vergleich zu größeren Partikeln der gleichen chemischen Substanz sind Nanoteilchen reaktiver, biologisch aktiver und wirken stärker katalytisch. Durch den Einsatz von Nanoteilchen könnten Pestizide so wirksamer werden. Nanokapsel, die Wirkstoffe gezielt abgeben, können bei gleicher Wirkung zudem sparsamer eingesetzt werden.
Nano-Pestizide können aber auch neue Risiken für die menschliche Gesundheit und die Umwelt bedeuten. Sie gelangen durch landwirtschaftliche Praktiken in die Umwelt und könnten sich aufgrund z.B. einer längeren Persistenz verstärkt in Böden und