Austria
March 16, 2018
Die Anforderungen an das Grünland steigen. Häufige und frühere Nutzungen, schwere Geräte, mehrmaliges Befahren sowie Engpässe in der Nährstoffversorgung (Stickstoffmangel) fördern die Gemeine Rispe, den Kriechenden Hahnenfuß und mindern Ertrag und Qualität der Grünlandaufwüchse.
Ziel: Bessere Pflanzenbestände
Die Verbesserung des Pflanzenbestandes soll erreicht werden vor allem durch Reduzierung der Gemeinen Rispe auf ein nicht ertragsminderndes Minimum, Erhöhung der Anteile von Knaulgras, Engl. Raygras, Wiesenrispe, Wiesenlieschgras (und oft auch Weißklee) sowie durch Reduzierung von Kriechendem Hahnenfuß, Löwenzahn, Wiesenkümmel, Spitzwegerich, Schafgarbe, Wiesenkerbel, Kälberkropf und Bärenklau.
Nachsaat
Bei 2 oder 3 Schnitten pro Jahr können sich die meisten unserer typischen Grünlandpflanzen über Samenbildung ausreichend vermehren und somit selbst erhalten. Ab 4 Schnitten ist die Samenbildung – besonders bei den horstbildenden Gräsern – nicht oder kaum mehr möglich.
Manche Horstgräser (Glatthafer, Wiesenschwingel) haben auch nicht die Fähigkeit, sich durch Seitentriebe (Rhizome) auf vegetative Weise im Bestand zu halten. Meist haben sie auch eine längere Wiederaustriebsphase nach dem Mähen, sodass sie sich bei höherer Schnittfrequenz kaum regenerieren können und damit aus dem Bestand verschwinden. Die Nachsaat von entsprechenden Gras- und Kleearten ist daher ein Grundelement in der ertragsbetonten Grünlandbewirtschaftung. Damit werden immer wieder entstehende Lücken (Auswinterung, Erdhaufen von Maulwurf und Wühlmaus, Narbenverletzung bei der Ernte) rasch wieder „besiedelt" und gleichzeitig auch die Bestandeszusammensetzung im Sinne einer gesunden und leistungsgerechten Grundfutterversorgung für die Rinder optimiert.
Auch wenn die Gemeine Rispe den Bestand bereits dominiert, sind wertvolle Futtergräser wie Engl. Raygras und auch Wiesenrispe noch in einem beachtlichen Ausmaß vertreten. Wenn solche Flächen schon lange nicht oder gar nie nachgesät wurden, handelt es sich um standortangepasste Typen dieser Grasarten, die sich über Jahre hinweg unter den gegebenen Bedingungen (Nutzung, Boden, Winter, Höhenlage) selektiert und behauptet haben. Sie sind das „Kapital" eines Grünland-Landwirtes.
Die Nachsaat hat gegenüber der Neuanlage durch Umbruch den großen – auch ökologischen – Vorteil, dass diese standortangepassten Typen erhalten bleiben. Der Erfolg der Nachsaat ist längerfristig zu sehen, er erfordert Ausdauer. Nachsaat ist als Maßnahme zu sehen, die als fixer Bestandteil in die Bewirtschaftung des Grünlandes einzugliedern ist, besonders für ertragsorientiert ausgerichtete Grünlandbetriebe mit 4 und mehr Schnitten.
Periodische Nachsaat
Periodische Nachsaat heißt: regelmäßige Nachsaat von ca. 10 kg/ha einer nutzungsangepassten Nachsaatmischung alle 2 Jahre. Die periodische Nachsaat zählt zu den Standardmaßnahmen am vier- und mehrschnittigen Grünland, genauso wie die Erhaltungskalkung und die Stickstoffversorgung.
Optimalerweise erfolgt die Nachsaat im Laufe des August bis spätestens Anfang September. Auch bei geringen Niederschlägen sichert die um diese Jahreszeit garantierte Taubildung die Wasserversorgung der Keimlinge. Zudem ist die Konkurrenz des Altbestandes geringer als im Frühjahr.
Die Nachsaat im Frühjahr im Zuge des Abschleppens ist bei zahlreich vorhandenen Maulwurfhügeln zwar berechtigt, man darf jedoch keine zu hohen Erwartungen an eine tatsächliche Verbesserung des Bestandes haben. Die Konkurrenz durch den rasch und dicht heranwachsenden ersten Aufwuchs ist enorm, die Keimlinge haben kaum eine Chance sich dauerhaft zu etablieren. Allenfalls mag das noch bei Fünfschnittnutzung mit sehr frühem ersten Schnitt funktionieren.
Starkzinkenstriegel mit kontrollierter Saatgutausbringung (z.B. APV-Nachsaatstriegel, Güttler-Nachsaatstriegel, Einböck Nachsaatstriegel Pneumatikstar Pro) haben sich sehr bewährt.
Als absolutes Erfolgskriterium gilt die konsequente periodische Nachsaat über eine Zeitdauer von mehreren Jahren. Ebenso ist eine entzugsorientierte Nährstoffversorgung sicherzustellen.
Sanierung
Die Sanierung ist als Projekt zu sehen, bei dem eine stark mit Gemeiner Rispe verseuchte Grünlandfläche von dieser Grasart möglichst vollständig bereinigt wird, um damit auf diesen nun freien Flächen die Nachsaatmischung zu etablieren. Voraussetzung ist, dass noch ausreichend viele hochwertige Futtergräser auf dieser Fläche vorhanden sind. Die zu sanierende Fläche sollte nicht größer als 2 ha sein. Bei entsprechender Erfahrung und guter Arbeitsorganisation sind auch 3 ha an einem Tag machbar.
Optimaler Zeitpunkt: im Laufe des August bis spätestens Anfang September.
Beginn: nicht vor 10 Uhr, damit die Fläche gut vom Tau abgetrocknet ist.
Vorbereitung: der Bestand muss möglichst kurz gemäht sein.
Einstellung des Starkzinkenstriegels: möglichst steile Zinkenstellung und Belastung durch leichtes Anheben der Walze bzw. durch Druck über die Striegelhydraulik zum Ausreißen der Gemeinen Rispe; flache Zinkenstellung für die abschließende Ausbringung der Nachsaatmischung.
Arbeitsschritte:
• erstes Mal über Kreuz striegeln, je näher an die 90°, desto bessere Wirkung
• Schwaden und Abtransport
• zweites Mal über Kreuz striegeln
• Schwaden und Abtransport
• abschließende Überfahrt mit eingeschaltetem Säkasten und niedergelassener Walze
Saatgutmenge: ca. 30 kg/ha
Optimierung der Gesamtarbeitszeit: Fläche dritteln. Während der Striegel das zweite Drittel bearbeitet, kann am ersten Drittel bereits geschwadet werden. Während des Striegelns des dritten Drittels arbeiten auf den bereits gestriegelten Teilen der Schwader und der Ladewagen parallel.
Pflege der Sanierungsfläche: bis zum Herbst keine Düngung. Meist ist es notwendig, den Bestand, der sich aus den alten übrig gebliebenen Gräsern entwickelt, zu mähen, um den Keimlingen der Nachsaatmischungen wieder ausreichend Licht zu geben.
Folgejahr: Übliche Düngung, frühzeitig silieren. Zu später erster Schnitt kann eine an sich erfolgreiche Sanierung zunichte machen (junge Nachsaatpflanzen können auch im Folgejahr noch ersticken).
Saatgut
Wir empfehlen ampferfreie Qualitätsmischungen. Die Wahl des Mischungstyps hat sich an der Nutzungsintensität zu orientieren. Generell lässt sich sagen:
Typ „NA": für 3-Schnittnutzung
Typ „NI" und „EB": für 4-Schnittnutzung
Typ „EB": für 5-Schnittnutzung
Bessere Güllewirkung durch Nachsaat
Im Wissen um den in vielen Betrieben sehr hohen Anteil an Gemeiner Rispe im Pflanzenbestand wurde in einem Projekt mit Betrieben aus dem Arbeitskreis Milch besonders auf den Gehalt an Ammonium-Stickstoff (kg/m³ Gülle) geachtet. Der Ammonium-Stickstoff (NH4-N) wirkt sofort für die Massebildung des nächsten Aufwuchses. Bei durchschnittlich 1,24 kg/m³ NH4-N und durchschnittlich 18 m³/ha Gülle entspricht das 22,32 kg/ha rasch wirksamen Stickstoff (und zwar stallfallend). Die „feldfallenden“ Werte reduzieren sich um 13 %. Dazu kommt noch der Stickstoff aus dem organisch gebundenen Stickstoff, der im untergeordneten Bereich dem aktuellen Aufwuchs zu Gute kommt und zum Teil aus früheren Güllegaben stammt (errechnet aus der Differenz Gesamtstickstoff Nges minus NH4-N); im Durchschnitt enthalten die Projekt-Güllen 3,17 kg/m³ Nges bzw. 1,93 kg/m³ organisch gebundenen Stickstoff. Aus der Grünland-Beratungspraxis weiß man, dass eine hundertprozentige Wirksamkeit des organischen Stickstoffes – auch überjährig betrachtet – nicht erreichbar ist.
Damit dieses System des N-Kreislaufes im Betrieb funktioniert bzw. der in der Gülle vorhandene Stickstoff auch tatsächlich zur Wirkung kommen kann, muss der Gülle-Stickstoff direkt auf die Erde zu den Wurzeln der Futtergräser gebracht werden. Nur dort steht der Gülle-Stickstoff den Futtergräsern zur Verfügung: der NH4-N rasch, der organisch gebundene Stickstoff langsamer, dieser muss erst von den Bodenorganismen pflanzenverfügbar „verdaut“ werden.
Die Gemeine Rispe bildet in nicht optimalen Beständen über der Bodenoberfläche einen extrem dichten und durchaus mehrere Zentimeter hohen Filz aus Ausläufern und Feinwurzeln. Die ausgebrachte Gülle bleibt je nach Ausprägung des Rispenfilzes zu einem großen Teil in und auf dem Filz hängen. Vor allem der in der festen Fraktion gebundene organische Stickstoff bleibt als „Güllerest“ deutlich sichtbar oben liegen und hat damit kaum eine Chance, in den folgenden Monaten in eine pflanzenverfügbare Form umgewandelt zu werden. Der flüssige und zudem leicht flüchtige NH4-N ist durch die große Oberfläche im Filz in hohem Maße abgasungsgefährdet, besonders in den wärmeren Sommermonaten. Am ehesten fördert er noch das Wachstum der Gemeinen Rispe. Womit wir uns in einer Abwärtsspirale befinden, was die entzugsorientierte Stickstoffversorgung der Futtergräser anbelangt.
Je höher der Anteil an Gemeiner Rispe, desto weniger Gülle-Stickstoff steht den wertvollen Futtergräsern für Wachstum, raschen Wiederaustrieb, Bestockung und Konkurrenzkraft zur Verfügung. Je höher der Anteil an hochwertigen Futtergräsern durch eine langjährige periodische Nachsaat ist, desto geringer und schwächer ist die Gemeine Rispe und desto besser und vollständiger kann der Gülle-Stickstoff zur Wirkung kommen.
DI Peter FRÜHWIRTH
Referent Grünland